Warum Blaulicht und Martinshorn auf vermutlich leeren Straßen?
Sie kennen die Situation: Sie liegen mitten in der Nacht in den tiefsten Träumen und genießen Ihren wohlverdienten Schlaf, plötzlich werden Sie durch den schrillen Lärm eines Martinshornes geweckt und zudem zucken noch blaue Blitze durch ihr Schlafzimmerfenster. Als wäre dieses noch nicht genug, wiederholt sich die Prozedur auch noch mehrmals hintereinander. Sie sehen auf den Wecker und es ist 02:45 Uhr. Ihr verärgerter Blick aus dem Fenster bestätigt - mal wieder die Feuerwehr!
Emotionsgeladen kommt es nun zu harscher Kritik an der Feuerwehr und Sie fragen sich verständlicher Weise, ob dieses Vorgehen auf unserer nächtlichen, meist verkehrsleeren Straße nötig wirklich ist?!
Leider zum Bedauern Ihrer nächtlichen Ruhe, lautet die Antwort aber eindeutig - JA!!
Oft geht es im Falle einer Alarmierung der Feuerwehr um Sekunden. Die Zeit bis zum Eintreffen am Einsatzort kann über Leben und Tod, über Erhalt oder Verlust bedeutender Sachwerte entscheiden. Daher hat der Gesetzgeber, um die Schlagkraft der Feuerwehr zu erhöhen, die anrückenden Einsatzkräfte mit Sonderrechten und Wegerecht ausgestattet.
Die Sonderrechte nach §35 der Straßenverkehrsordnung (StVO) befreien die Feuerwehr, wie auch den Rettungsdienst und die Polizei von diversen Verkehrsregeln, während das Wegerecht (§38 StVO) den Kräften das Vorrangrecht vor anderen Verkehrsteilnehmern einräumt.
Wichtig zu wissen ist, dass ein Wegerecht ausschließlich bei gleichzeitiger Nutzung von blauem Blinklicht und Einsatzhorn rechtsgültig ist!
Dies gilt vor allem nicht nur gegenüber anderen Kraftfahrzeugen, sondern auch gegenüber nächtlichen Fußgängern und Radfahrern.
Über diese Inanspruchnahme der eingeräumten Sonderrechte entscheidet der Einsatzleiter, die Leitstelle oder der Fahrer des Einsatzfahrzeuges. In der Regel wird es also nicht vorkommen, dass wir bei nächtlichen Ölspuren, umgestürzten Bäumen, überschwemmten Kellern usw. unser Wegerecht einfordern und mit eingeschaltetem Martinshorn zum „Ruhestörer“ werden.
Die Sonderrechte entbinden die Fahrer unserer Einsatzfahrzeuge jedoch nicht von den gültigen Verkehrs- und Strafgesetzen. So bleiben beispielsweise das Straßenverkehrsgesetz und die Straßenverkehrszulassungsordnung (StVZO) auch weiterhin uneingeschränkt gültig.
Fahrer von Einsatzfahrzeugen sind bei Einsatzfahrten auch nicht von der Sorgfaltspflicht entbunden. Im Gegenteil, ein Fahrer muss im Einsatz besonders umsichtig und konzentriert handeln. Wir wissen nie wie der Verkehrsteilnehmer vor uns reagiert.
Sie sollten wissen, dass die Fahrer der Einsatzfahrzeuge bei Verursachung eines Unfalls und nicht beachten der einschlägigen Gesetze und Vorschriften privatrechtlich haften. In Anbetracht der Tatsache, dass ihre Feuerwehr zum Wohle der Allgemeinheit eine große Verantwortung trägt und auch Sie im Notfall schnelle Hilfe wünschen, hoffen wir auf ein wenig Verständnis bei Ihnen, sollte es nochmals zu einer nächtlichen Störung durch die Feuerwehr kommen.